Arbeitsvertragsrecht Fallsammlung (Beispiele aus WS 2007/2008)
1. Der Musiker Hans Magnussen ist seit 6 Jahren bei der Stuttgarter Staatstheater GmbH, die ca. 300 Arbeitnehmer beschäftigt, als Orchesteraushilfe tätig. Zwischen dem Staatstheater und Herrn Magnussen war ein Vertrag geschlossen worden, wonach Magnussen als freier Mitarbeiter eingestellt wurde und dem Orchester im Bedarfsfall zur Verfügung stand. Die Vergütung erfolgte durch Einzelabrechnungen (pro Stunde 35 DM) anhand von Anwesenheitslisten, in die sich Magnussen -ebenso wie die festangestellten Musiker - bei seinen Einsätzen einzutragen hatte. Aufgrund eines jeweils durch Anschlag am schwarzen Brett bekanntgegebenen Dienstplanes spielte Magnussen durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Woche, was im wesentlichen der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten Musikers im Angestelltenverhältnis entsprach. Entsprechend der bei freien Mitarbeitern üblichen Praxis des Staatstheaters wurden für Magnussen weder Personalunterlagen geführt noch Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Magnussen will von seiner Freundin, die Wirtschaftsrecht in Geislingen studiert, wissen, ob das Staatstheater das Vertragsverhältnis jederzeit ohne weiteres lösen kann oder aber durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung i.S.d. § 1 KSchG kündigen muss (vgl. Fall nach AS, ArbR, S. 5).
2. Die XEMA GmbH expandiert und sucht 2 neue Mitarbeiterinnen. Wie immer führt der Personalchef des mittelständischen Betriebes Herr Wilhelm die Bewerbergespräche. Frau Müller soll für die Abteilung Einkauf und Materialbeschaffung eingestellt werden und dort u.a. die Kasse führen. Während des Gespräches fragt Wilhelm nach möglichen Vorstrafen, worauf er die lapidare Antwort Keine bekommt, obwohl Müller kurz davor wegen fortgesetzten Diebstahls, Unterschlagung und Betrugs bestraft worden war. Als sich das nach 3 Monaten herausstellt, legt sie ein ärztliches Attest vor, dass sie seit 6 Wochen schwanger ist.
Die Frau Mattulla wurde als Sekretärin eingestellt, nachdem sie einen vom Betriebsrat nicht beanstandeten Personalbogen ausgefüllt hatte. Auf die Frage: in welchem Alter hatten sie regelmäßig Rendezvous? hatte sie in keinem geantwortet, obwohl sie sich in der Vergangenheit öfters mit Männern getroffen hatte. Die Frage Nehmen Sie die Anti-Baby-Pille hatte sie fälschlicherweise mit Ja beantwortet. Auf die Frage: Sind sie schwanger hatte sie mit Nein geantwortet, obwohl sie schon damals wusste, dass sie tatsächlich schwanger war. Wie ist die Rechtslage?
3. Herr Maurer ist seit kurzem bei der Spedition Buchhorn GmbH als Controller tätig. Eines Tages fordert der Geschäftsführer Buchhorn Maurer auf, einen großen LKW-Zug entladen zu helfen. Ist Maurer dazu verpflichtet? (§ 611 BGB).
4. Fall: Frau Lander ist Verkäuferin in der Bäckerei Scheible. Die Verkaufstätigkeit beträgt 40 Stunden in der Woche. Nach Ladenschluß um 18.00 Uhr muß Frau Lander eine halbe Stunde Waren wegräumen sowie die Geräte reinigen. Diese Zeit wird ebensowenig bezahlt wie die einstündige Anfahrt, die sie zur Arbeit braucht und zurück. Kann Frau Lander Bezahlung für diese Zeit verlangen?
5. Die Fa. Breust Maschinenbau Werke GmbH hat einen großen Auftrag aus USA erhalten. Dieser ist nur mit zusätzlichen Arbeitskräften zu schaffen, die aufgrund des Fachkräftemangels in der Region Stuttgart nicht zu bekommen sind. Es geht nur, wenn die Arbeiter 10 Stunden täglich klotzen würden. Ist das überhaupt rechtlich zulässig?
6. Als die Fa. Breust Maschinenbau Werke AG die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden verlängert, lehnt der Maschinenführer Kurt Allmendinger es brüsk als Ausbeutung ab, auch nur eine Stunde mehr als 8 Stunden zu arbeiten. Kann der Firmenchef M. Breust von Allmendinger das dennoch verlangen?
7. Herr Weber ist als Fahrer beim Reiseunternehmer B. Carls tätig. Eines Morgens bemerkt er eine Öllache unter dem Bus. Er unternimmt aber nichts, da er eine Reisegruppe schnell nach Hamburg bringen muss. Kaum auf der Autobahn, erleidet der Motor einen Kolbenfresser und ist dahin. Ein Austauschmotor kostet 6000 Euro. Kann Carls von Weber den Schaden ersetzt verlangen?
8. Im Referat des Sachbearbeiter S hat sich eine größere Zahl von nicht termingerecht bearbeiteten Akten angesammelt. Um die rückständigen Vorgänge zu erledigen, bleibt S in den folgenden Wochen nach Dienstschluss im Büro und leistet insgesamt 80 Überstunden. Arbeitgeber A weigert sich, dem S die geleistete Mehrarbeit zu vergüten, weil er sie nicht angeordnet oder als betriebsnotwendig gebilligt habe.
9. Am Nikolaustag konnte der auswärts wohnende Arbeitnehmer Lappe wegen Glatteis auf der Hochalb nicht zur Arbeit nach Geislingen kommen. Taxen sind dort gar nicht zu bekommen, auch Busse des öffentlichen Linienverkehrs konnten nicht fahren. Der Arbeitgeber zahlte Lappe für diesen Tag keinen Lohn. Lappe findet das absolut unsozial und will wissen, ob er Zahlung verlangen kann.
10. Schlosser Siegfried arbeitet bereits seit vielen Jahren beim Automobilhersteller DC in der Fertigung. In seinem Arbeitsvertrag ist u.a. geregelt: § 8 Urlaub:
1. Der Mitarbeiter hat im Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub von 36 Werktagen.
2. Während der 4wöchigen Betriebsferien bleibt das Werk geschlossen; der Mitarbeiter hat in dieser Zeit Urlaub zu nehmen.
3. Eine Erkrankung unterbricht den Urlaub nicht. Er muss jedoch mindestens 24 Werktage betragen.
Eine Betriebsvereinbarung zwischen A und dem Betriebsrat bestätigt die Betriebsferien und die Anrechnung des Urlaubs auf diese Zeit.
Im Frühjahr hatte S bereits 12 Werktage Urlaub genommen. Während der gesamten Betriebsferien ist S krank. Nach Wiedergenesung beantragt S einen 4 wöchigen Erholungsurlaub. Muss A diesem Antrag stattgeben?
11. Die langjährige Verkäuferin Veronika hat zum 01.07. eine neue Stelle gefunden. Sie kündigt daher ihrem Arbeitgeber Aschenbacher ordentlich zum 30.06. Bisher hatte V im laufenden Kalenderjahr noch keinen Urlaub genommen. Aufgrund des Ausfalls anderer Verkäuferinnen will A ihr auch während der Kündigungsfrist keinen Urlaub gewähren. V möchte wissen, ob sie hierdurch ihren Urlaubsanspruch verliert. Am liebsten wäre ihr, wenn sie dafür Geld bekäme.
12. Die Keilerei in der Kneipe (nachgebildet BAG NJW 76, 823)
Schlosser Siegfried ist schon längere Zeit bei Firma Faltermeier teilzeitbeschäftigt. Abends und an Wochenenden hilft er in der Gaststätte seiner Ehefrau aus. Eines Abends kam es zu einer Schlägerei zwischen Gästen. Als S schlichtend eingreifen wollte, zog der Beteiligte Berthold überraschend einen Revolver und schoss u.a. S nieder. Aufgrund der Verletzung ist S vier Wochen im Krankenhaus und weitere vier Wochen zur Rehabilitation im Kuraufenthalt.
1. Kann S für den Arbeitsausfall von F Lohnfortzahlung verlangen?
2. Falls ja, hat F Ansprüche gegen B?