BAG NZA 1999, 205 BAG, Urteil vom 06.05.98 - 5 AZR 247/97
Vorschriften: BGB § 611 (Abhängigkeit)
Leitsätze: "Beschäftigte, die Kunden ihres Dienstherrn in der Bedienung von Geräten gemäß den terminlichen Wünschen und in den Räumlichkeiten dieser Kunden nach inhaltlichen Vorgaben des Dienstherrn zu unterweisen haben, sind regelmäßig Arbeitnehmer."
Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung ihres Beschäftigungsverhältnisses durch die Beklagte. In diesem Zusammenhang sind die Parteien unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die Klägerin als freie Mitarbeiterin oder als Arbeitnehmerin für die Beklagte tätig war. Die Beklagte vertreibt elektronische Bürogeräte. Die 43 Jahre alte Klägerin wurde von ihr seit dem 1. Oktober 1989 als sog. Kundenberaterin beschäftigt. Grundlage der Rechtsbeziehungen der Parteien ist ein von der Beklagten formulierter "Honorarvertrag" vom 16. August 1989. Er hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"Der Berater ist selbständiger Gewerbetreibender, unterliegt keinen Weisungen durch R. (die Beklagte) für die konkrete Erbringung seiner Leistungen und wird in den Betrieb der ... nicht eingegliedert. 1. Der Berater wird ab 1. Oktober 1989 auf Honorarbasis für die R. GmbH, Geschäftsstelle ..., Schreibmaschinenvorführungen sowie die Betreuung von Demostellungen bei Interessenten durchführen. Der Berater wird acht Arbeitstage im Monat zur Verfügung stehen. Die genauen Termine werden zwischen dem Berater und den Vertriebsleitern der jeweiligen Geschäftsstelle jeweils 14 Tage im voraus festgelegt. 2. Der Berater erhält für seine Leistungen ein Pauschalhonorar von DM 1.500,00 und im übrigen pro durchgeführte Vorführung eine variable Vergütung, die sich aus nachfolgender Matrix ergibt. Darüber hinaus erhält der Berater für den Fall, daß über das vorgeführte Gerät durch den Verkäufer ein Vertrag abgeschlossen wird, je nach Gerätetyp eine variable Vergütung ... 3. Der Berater wird eventuell erforderliche behördliche Genehmigungen selbst beschaffen. Alle in der Tätigkeit des Beraters anfallenden gesetzlichen Abgaben sind vom Berater in eigener Verantwortung selbst zu entrichten. 4. Der Berater wird von ... ausreichend geschult und verpflichtet sich, an den erforderlichen Trainingsmaßnahmen der ... teilzunehmen. 5. ... 6. Der Berater wird seine Leistungen vorwiegend für Kunden mit Sitz im Gebiet der Geschäftsstelle ... erbringen, ist im Einzelfall aber auch bereit, Kunden außerhalb dieses Gebietes zu betreuen. Ein Gebietsschutz wird ausdrücklich ausgeschlossen. ... ist berechtigt, im gleichen Gebiet auch mehrere Berater einzusetzen. 7. ... 8. ..."
Die Klägerin stellte der Beklagten monatlich Rechnungen. Ihr durchschnittlicher Verdienst sank von ursprünglich 4.500,00 DM auf rund 3.500,00 DM im Juli 1994 ab. Die vertragliche Pauschale von 1.500,00 DM erhielt die Klägerin auch bei Urlaub und Krankheit. Zum Vertrieb ihrer Geräte unterhielt die Beklagte ein Netz von eigenen Verkäufern. Die Klägerin war als Kundenberaterin für etwa 30 Verkäufer zuständig. Ihre Hauptaufgabe war es, Kunden dieser Verkäufer nach einem Kauf in der Bedienung der Geräte - insbesondere von elektronischen Schreibmaschinen - zu unterweisen. Außerdem hatte sie potentiellen Käufern bei "Demo-Terminen" die Geräte der Beklagten vorzuführen. Die Unterweisung in der Bedienung gekaufter Geräte wurde organisatorisch regelmäßig in der Weise vorbereitet, daß die Verkäufer mit den Kunden deren Schulungsbedarf besprachen und spezielle Wünsche entgegennahmen. Solcherart Wünsche und insbesondere den von den Kunden bevorzugten Termin der Unterweisung gaben sie an die Klägerin weiter. Diese hatte in der Geschäftsstelle einen Schreibtisch, auf dem in ihrer Abwesenheit ihr Terminkalender lag. War der fragliche Termin noch nicht belegt, trugen die Verkäufer ihn - in aller Regel stundengenau - ein und bestätigten ihn gegenüber ihrem Kunden. Anderenfalls nahmen sie mit der Klägerin Kontakt auf oder hinterließen eine Nachricht mit der Bitte, die Terminskollision aufzulösen. War die Klägerin im Büro anwesend, wurde die Priorität der Kunden und die Dringlichkeit der Schulung mit den betroffenen Verkäufern und ggf. mit den Kunden selbst meist sofort telefonisch geklärt. Dementsprechend stimmte die Klägerin die Schulungstermine aufeinander ab. Sagte ein Kunde einen Termin ab, wurde dies in gleicher Weise an die Klägerin weitergegeben. Diese bemühte sich sodann um einen Alternativtermin. Im Idealfall wurde der Kunde im unmittelbaren Anschluß an die Lieferung des Geräts noch am selben Tage in dessen Bedienung unterwiesen. Die Einweisungen waren Teil der vertraglichen Leistungen der Beklagten im Verhältnis zu ihren Kunden. Ihr Inhalt war der Klägerin und den übrigen Kundenberaterinnen der Beklagten im einzelnen vorgegeben. Hatte ein Kunde weitergehende Unterrichtungswünsche, so sollten sie von der Klägerin zwar im Namen der Beklagten, aber auf eigene und vom Kunden zu begleichende Rechnung durchgeführt werden. Tatsächlich ist es zu einer solchen zusätzlichen Schulung nicht gekommen. Andere Bedingungen galten für sog. Großkunden. Diese erhielten auch weitergehende Unterweisungen kostenlos. Hatte ein Kunde einen sehr speziellen Schulungsbedarf, so berieten sich die Klägerin und ihre Kolleginnen mit der dafür zuständigen "Produktmanagerin" der Beklagten, um die am besten geeignete Konfiguration der Geräte festzulegen. Die Klägerin nahm in den ersten Jahren etwa 40 Kundentermine im Monat wahr. Sie dauerten in der Regel eine bis anderthalb Stunden. Bei Großkunden konnten sie bis zu einem halben Tag in Anspruch nehmen. Einem Kauf vorangehende "Demo-Termine" wurden zwischen den Verkäufern und den Kunden vereinbart und fanden entweder in der Geschäftsstelle der Beklagten oder mit einer Vorführmaschine beim Kunden statt. Die Klägerin schulte auf Wunsch der Betriebsleitung auch Mitarbeiter der Beklagten selbst. Sie wurde dafür entsprechend besonderer Vereinbarungen vergütet. Die Klägerin und ihre Kolleginnen wurden von der Beklagten ihrerseits - teilweise mehrtägig - geschult. Sie wurden bei solchen Trainingsmaßnahmen mit den jeweils neuesten Geräten, aber auch mit neuen Beratungskonzepten vertraut gemacht. Die Teilnahme war nicht obligatorisch in dem Sinne, daß die betreffende Kundenberaterin bei Nichtteilnahme eine Schulungserlaubnis der Beklagten für das vorgestellte Gerät nicht erhalten hätte. Die Teilnahme wurde aber erwartet. Gesondert vergütet wurde die Teilnahme nicht. Die Klägerin wurde von der Beklagten zu Präsentationen der Geräte auf Messen und Ausstellungen herangezogen. Dafür erhielt sie "Tageshonorare". Führte der Vertrieb Veranstaltungen in der Geschäftsstelle durch, etwa einen "Tag der offenen Tür", so erarbeitete die Klägerin zuvor mit Vertriebsleitung und Verkauf die passenden Demonstrationsbeispiele und gab sie in die betreffenden Geräte ein. Urlaubszeiten hatte die Klägerin der für die Koordination der Kundenberaterinnen zuständigen Produktmanagerin mitzuteilen. In aller Regel hatte sie sich zuvor mit ihrer Kollegin aus der D. Geschäftsstelle der Beklagten abgestimmt. Beide vertraten sich gegenseitig. Mit Schreiben vom 27. Juli 1994 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Oktober 1994. Zur Begründung wies sie auf die regionale Neuorganisation ihres Unternehmens hin. Im Laufe des Verfahrens führte sie zudem die Aufgabe der Schreibmaschinenproduktion an. Den in ihrer Geschäftsstelle gewählten Betriebsrat hatte sie zur Kündigung nicht angehört. Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben, die am 16. August 1994 beim Arbeitsgericht einging. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei Arbeitnehmerin der Beklagten. Die Kündigung verstoße gegen § 102 BetrVG und sei außerdem sozial nicht gerechtfertigt. Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Gehaltsansprüche für die Zeit vom 1. November 1994 bis zum 29. Februar 1996 geltend gemacht. Letztere hat sie mit ihren durchschnittlichen Monatsbezügen im Jahr vor Kündigungsausspruch in Höhe von jeweils 3.452,38 DM brutto in Ansatz gebracht. Als Zwischenverdienst hat sie sich für denselben Zeitraum 16.000,00 DM anrechnen lassen. Die Klägerin hat beantragt, 1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 1994 nicht aufgelöst ist; 2. die Beklagte zu verurteilen, sie als Beraterin weiterzubeschäftigen; 3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.238,08 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Juli 1995 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei ihre freie Mitarbeiterin gewesen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin befand sich zur Beklagten in einem Arbeitsverhältnis. Die Kündigung vom 27. Juli 1994 verstößt gegen § 102 Abs. 1 BetrVG und ist im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial nicht gerechtfertigt. Der rechnerisch unstreitige Zahlungsanspruch steht der Klägerin wegen Annahmeverzugs der Beklagten zu. I. Der zulässige Feststellungsantrag ist begründet. Zwischen den Parteien bestand von Beginn an ein Arbeitsverhältnis. Dieses ist durch die ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst worden.
1. Die Klägerin war nicht freie Mitarbeiterin, sondern Arbeitnehmerin der Beklagten. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen. Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis des freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete gegenüber dem Berechtigten befindet. Arbeitnehmer ist, wer seine Dienstleistung im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, daß der Beschäftigte einem umfassenden Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Dabei sind maßgeblich die tatsächlichen Umstände, die die rechtliche Beziehung prägen und nach denen diese in Wirklichkeit durchgeführt wird. Wie die Parteien selbst ihr Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, ist nicht entscheidend. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich vielmehr aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Dieser folgt aus den getroffenen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages. Widersprechen beide einander, ist letztere maßgebend. Aus der faktischen Handhabung und der konkreten praktischen Umsetzung der Vertragsabsprachen lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien tatsächlich ausgegangen sind (ständige Rechtsprechung; BAG Urteil vom 27. März 1991 - 5 AZR 194/90 - AP Nr. 53 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urteil vom 26. Juli 1995 - 5 AZR 22/94 - AP Nr. 79 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urteil vom 11. März 1998 - 5 AZR 522/96 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Klägerin als Arbeitnehmerin anzusehen.
a) Die Klägerin unterlag mit Blick auf Inhalt und Durchführung ihrer vertraglichen Aufgaben den Weisungen der Beklagten. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte der Klägerin nicht nur ihre Schulungsaufgabe als solche vorgegeben. Dazu hätte es genügt, wenn sie der Klägerin aufgetragen hätte, die Kunden nach ihren - der Klägerin - eigenen Vorstellungen in die Bedienung des gekauften Gerätes einzuweisen. Die Beklagte hat der Klägerin statt dessen genau vorgeschrieben, wieviel Zeit die betreffende Schulung allenfalls in Anspruch nehmen dürfe und welche Funktionen dabei regelmäßig erläutert werden sollten. Dieses waren allein die sog. Basisfunktionen. Die Beklagte hat darüber hinaus, auch dies haben die Vorinstanzen festgestellt, den Ablauf der Unterweisungen genau festgelegt. Es handelte sich um keine besonders anspruchsvolle Tätigkeit. Für eine selbstbestimmte inhaltliche Gestaltung der Aufgaben blieb der Klägerin unter diesen Umständen kein Raum.
b) Die Klägerin war in die betriebliche Organisation der Beklagten insbesondere dadurch eingebunden, daß sie ihre Dienste zu Zeiten zu erbringen hatte, auf deren Lage sie selbst keinen maßgeblichen Einfluß hafte. Nicht sie selbst sprach nach eigenen Bedürfnissen Schulungstermine mit den Kunden ab. Vielmehr gaben die Verkäufer der Beklagten die Kundenwünsche an sie durch Eintragung in den Terminkalender oder mündlich lediglich weiter. Ob die Wünsche der Kunden realisiert wurden oder nicht, war regelmäßig allein davon abhängig, ob zeitliche Kollisionen mit Wünschen anderer Kunden auftraten. Für eine von der Klägerin selbst nach privaten Wünschen und eigenem Gutdünken organisierte Terminplanung war kein Raum. Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen, die die Revision in diesem Punkt mit Verfahrensrügen nicht angegriffen hat, war es das Bestreben der Beklagten, ihren Kunden schnellstmöglich eine Einweisung in die Geräte zukommen zu lassen. Ziel war "ein perfektes Räderwerk" zwischen Kundenwunsch und Schulungsangebot, der angestrebte Idealfall die am selben Tag stattfindende Auslieferung und Unterweisung. Abgesehen von Urlaubszeiten hat es dementsprechend keine Tage gegeben, die die Klägerin im Terminkalender für sich selbst freigehalten hätte. Sie war während der gesamten Woche dienstbereit. Schon nach Ziff. 1 des Vertrages der Parteien hatte die Klägerin an acht Arbeitstagen im Monat zur Verfügung zu stehen. Tatsächlich war sie in den ersten Jahren an jedem Arbeitstag für die Beklagte tätig. Sie nahm monatlich bis zu 40 Schulungstermine und sie nahm auf diese Weise sämtliche Termine wahr, die ihr angetragen worden waren. Nach dem Unternehmenskonzept der Beklagten lag dem nicht nur die selbstbestimmte Bereitschaft der Klägerin zugrunde, sondern war die Beklagte auf diese Bereitschaft zwingend angewiesen. In der Geschäftsstelle gab es außer der Klägerin keine weitere Kundenberaterin. Die Beklagte hat insoweit von einer faktisch uneingeschränkten zeitlichen Weisungsbefugnis Gebrauch gemacht. Hätte die Klägerin sich dem entzogen, hätte es, wie die Vorinstanzen festgestellt haben, "Probleme" gegeben. Auch auf die zeitliche Lage und Dauer von "Demo-Terminen" hatte die Klägerin keinen Einfluß. Sie wurden von Verkäufer und Kunden vereinbart. Von der Klägerin wurde erwartet, daß sie - ohne Vergütung - an sog. Trainings zur eigenen Schulung teilnahm. Auch auf diese Weise übte die Beklagte ihr zeitliches Weisungsrecht aus. Daß eine Teilnahme auch im eigenen Informationsinteresse der Klägerin gelegen haben mag, steht dem nicht entgegen. Die Klägerin wurde von der Beklagten außerdem bei Messen und Ausstellungen und an Jagen der offenen Tür eingesetzt. Die Vorinstanzen haben allerdings keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Klägerin zur Teilnahme verpflichtet war. Schon ein "freiwilliges" Eingehen auf "Wünsche" des Vertragspartners, die mit deutlicher Erwartungshaltung vorgebracht werden, würde dabei genügen, um dem Beschäftigten die für die freie Mitarbeit typische Entscheidungsfreiheit hinsichtlich des "Ob", der Zeit und des Orts der Dienstleistung zu nehmen. Einer weiteren Aufklärung bedurfte dieser Punkt nicht. Schon aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich, daß die Klägerin in zeitlicher Hinsicht in der für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Weise in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert war. Der Umstand, daß sie Urlaub jederzeit dann nehmen konnte, wenn sie für eine Vertretung gesorgt hatte, steht dem nicht entgegen. Auch im Arbeitsverhältnis ist es nicht untypisch, daß die Beschäftigten untereinander für eine betrieblich reibungslose Urlaubsentwicklung sorgen und der Arbeitgeber sich mit der Kenntnisnahme und einer Kontrolle des Urlaubsumfanges begnügt. Dafür, daß die Klägerin in einem über das für Arbeitsverhältnisse übliche zeitliche Maß hinausgehenden Umfang Urlaub genommen und sich darin ihre Weisungsunabhängigkeit gezeigt hätte, ist nichts vorgetragen.
c) Die Klägerin unterlag ferner mit Blick auf den Ort ihrer Tätigkeit dem Weisungsrecht der Beklagten. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwar habe die Klägerin nicht innerhalb einer räumlich festen Organisation arbeiten müssen. Es habe sich aber aus der Natur der Sache ergeben, daß die Schulungen entweder bei Kunden selbst oder, so bei "Demo-Terminen", in den Geschäftsräumen der Beklagten hätten stattfinden müssen. Der Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe selbst bestimmen können, wo sie die Schulungen abhalten wolle, erweise sich als "rein theoretisch". Die Revision hat in diesem Zusammenhang einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 139 ZPO wegen mangelnder Sachaufklärung gerügt. Das Berufungsgericht hätte die Frage aufklären müssen, ob die Klägerin wegen des Schulungsortes angewiesen worden sei. Dann hätte es erfahren, daß sie jederzeit den Ort für ihre Unterweisungen frei habe wählen können. Die Rüge ist nicht begründet. Mit der Bedeutung des Leistungsorts hatte sich schon das Arbeitsgericht auseinandergesetzt. Dessen Auffassung hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung ausführlich diskutiert. Zu dieser wiederum hat die Klägerin in ihrer Erwiderung Stellung genommen. Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten beider Parteien waren dem Landesarbeitsgericht bei der mündlichen Verhandlung darum bekannt. Daß es seine Entscheidung womöglich auch auf diesen Punkt abstellen würde, konnte die Beklagte nicht überraschen. Ihre Rüge beschränkt sich der Sache nach darauf, das Berufungsgericht habe aus den vorgetragenen Tatsachen falsche Schlüsse gezogen. Der Vorwurf mangelnder Aufklärung geht fehl. Die Revision rügt im selben Zusammenhang einen Verstoß gegen § 286 ZPO. Das Landesarbeitsgericht habe bloße Vermutungen über eine fehlende Möglichkeit der freien Wahl des Leistungsorts angestellt, statt von Tatsachen auszugehen. Auch diese Rüge ist nicht begründet. Ein Gericht verstößt gegen die Vorschrift des § 286 ZPO, wenn es bei seiner Entscheidung darüber, ob eine bestimmte Tatsache als wahr zu erachten sei oder nicht, gegen die Gesetze der Logik, gegen Naturgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Wenn das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aus der "Natur der Sache", d.h. aus den naheliegenden Bedürfnissen der Beteiligten ergebe sich, daß die Klägerin in der Wahl des Schulungsorts nur "theoretisch" frei war, so ist diese Würdigung von solcherlei Fehlern frei. Sie liegt im Gegenteil auf der Hand. Die Revision hat nicht einen für die Klägerin konkret möglichen Weg aufgezeigt, die Einweisung in die bei den Kunden installierten Geräte anderswo als bei diesen und die von der Beklagten angesetzten "Demo-Termine" anderswo als in der von ihr - der Beklagten - selbst dafür vorgesehenen Geschäftsstelle stattfinden zu lassen. Der Hinweis auf die Möglichkeit, geeignete Räume anzumieten, bleibt angesichts dessen abstrakt und im Detail unzureichend. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Ort der Dienstleistung habe faktisch nicht zur Disposition der Klägerin gestanden, ist revisionsrechtlich unter diesen Umständen nicht zu beanstanden. Die Klägerin unterlag damit einem umfassenden Weisungsrecht der Beklagten. Sie hatte ihre Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu erbringen. Sie war als Arbeitnehmerin und nicht als freie Mitarbeiterin für die Beklagte tätig.
2. Unter dieser Voraussetzung ist die ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam. Die Kündigung verstößt gegen § 102 Abs. 1 BetrVG. Vor ihrem Ausspruch hätte die Beklagte den in ihrer Geschäftsstelle gewählten Betriebsrat anhören müssen. Dies hat sie unterlassen. Die Kündigung verstößt außerdem gegen § 1 Abs. 2 KSchG. Nach Maßgabe seiner §§ 1 und 23 findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die Klägerin hat rechtzeitig im Sinne des § 4 KSchG Klage erhoben. Für die Unwirksamkeit der Kündigung hat sie sich ursprünglich auf das Kündigungsschutzgesetz ausdrücklich berufen. Auch wenn sie sich später nur noch auf § 102 BetrVG bezogen hat, rechtfertigt das nicht die Annahme, sie habe auf die Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung verzichten wollen. Damit ist die ausgesprochene Kündigung nur wirksam, wenn sie durch Gründe in der Person oder im Verhalten der Klägerin oder durch dringende betriebliche Bedürfnisse begründet ist, die ihrer Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Die Beklagte hat dazu nichts vorgetragen. Die Kündigung vom 27. Juli 1994 ist darum auch sozial nicht gerechtfertigt.
II. Mit der revisionsgerichtlichen Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses hat sich der Klageantrag zu 2) als Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung erledigt.
III. Der Zahlungsantrag ist begründet. Er folgt aus § 615 BGB. Ohne daß es eines tatsächlichen oder eines wörtlichen Angebots der Klägerin bedurft hätte, ist die Beklagte mit dem Ablauf der Kündigungsfrist in Annahmeverzug geraten. Rechnerisch steht die Zahlungsforderung außer Streit.